Buddha des Mitgefühls

Die Geschichte vom Avalokiteshvara, dem Buddha des Mitgefühls, habe ich erstmals in den 90er Jahren gehört, als mir der tibetische Buddhismus noch fremd war. Sie wurde im Rahmen einer Veranstaltung in einem buddhistischen Zentrum in Köln von ShantiMayi Ma erzählt, einer erleuchteten Meisterin aus den USA. Tief beeindruckt von dem ungewöhnlichen Geschehen dort, den Massen von Schülern, die sich auf dem Boden sitzend um ihre fröhlich und unbefangen wirkende Lehrerin scharten, und der andächtigen, fast heiligen Atmosphäre, die sich trotz des Gewusels entwickelte, schrieb sich die Legende tief in meine Erinnerung:
Der Buddha des Mitgefühls hatte sich geschworen, alle Wesen dieser Welt darin zu unterstützen, sich von all ihren Leiden zu befreien. Doch wohin er auch sah, überall schien sich unaufhörlich neues Leid zu manifstieren. In tiefster Verzweiflung, ob sich sein Gelübde jemals erfüllen ließe, zersprang er in tausend Teile. Viele Buddhas eilten ihm zur Heilung herbei. Der Buddha des Mitgefühls ließ sich neu zusammensetzen. Er wurde zum Avalokiteshvara. Seine neue Gestalt hatte nun zusätzlich elf Köpfe und tausend sehende Hände, um alle die Welt zerstörenden Kräfte beobachten und ausmerzen zu können. Aber Gewalt, Korruption, Hass, Neid und Gleichgültigkeit verbreiteten sich weiter in der Welt. Als der Buddha das Elend wahrnahm, weinte er aus allen Köpfen unaufhörlich grüne Tränen des überfließenden Mitleids. So entstand ein grüner See, in dem ein riesiger Lotos wuchs, aus dem die Grüne Tara, Göttin des Mitgefühls und der Heilung, geboren wurde. ShantiMayi erläuterte hierzu, dass diese weibliche Kraft immer benötigt werde, um mit sich selbst in Kontakt zu kommen und sich von den eigenen Leiden befreien zu können.